Mitte März 2020 stand Deutschland – und die Welt – plötzlich Kopf: Mit der Ausbreitung des Coronavirus veränderte sich das Leben für jede*n Einzelne*n grundlegend. Egal ob ein Besuch bei der Familie, ein Abendessen im Restaurant oder der Weg zur Arbeit: Gesellschaftliche Aktivitäten und soziale Kontakte wurden heruntergefahren, der berufliche Alltag veränderte sich. Bis heute ist es eine neue, sich immer wieder verändernde Situation, die große Herausforderungen mit sich bringt. Alles mit dem Ziel, die Ausweitung der Corona-Pandemie zu verlangsamen und somit eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.
So stand und steht auch die DRF Luftrettung vor bisher nie gekannten Herausforderungen. Als wichtiger Teil der Rettungskette gilt es, in jeder Situation möglichst frühzeitig entsprechende Vorkehrungen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Einsatzbereitschaft der Luftretter*innen in vollem Umfang zu sichern. Die gemeinnützige Organisation richtete daher bereits Ende Februar 2020 eine Task Force ein, die seither fortlaufend die aktuelle Lage analysiert und bei Bedarf unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen einleitet. So stellte die DRF Luftrettung nach ausführlichen, aber zügigen Beratungen mit der internen Hygienekommission auf Basis der Informationen und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) Mitte März 2020 bei Bürotätigkeiten weitestgehend auf Homeoffice um. An den bundesweit 29 Luftrettungsstationen und in der Werft wurden feste Einsatzteams bzw. Schichtbetrieb eingeführt, um so mögliche Infektionen eindämmen zu können. Zudem wurden alle Mitarbeiter*innen umfassend über die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen informiert. So wurde und wird sichergestellt, dass alle Stationen unvermindert einsatzbereit und weiterhin für die Menschen da sind. 2020 leisteten die Luftretter*innen so insgesamt 686 Einsätze im Zusammenhang mit dem Coronavirus.
Frühzeitige Überlegungen und eine schnelle Umsetzung ermöglichten bereits Ende März 2020 die Indienststellung von „Christoph 111”. Als zusätzlicher Hubschrauber steht er am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden schwerpunktmäßig für Intensivtransporte bereit und entlastet das öffentlich-rechtliche Versorgungssystem. „Christoph 111” wurde 2020 insgesamt 463-mal alarmiert. Kurz vor Weihnachten nahm aufgrund der angespannten Situation im Freistaat Sachsen ein weiterer Hubschrauber seinen Dienst auf: „Christoph 114“ trug vom 23. Dezember 2020 bis zum 22. März 2021 zur Entlastung bei Notfalleinsätzen bei, um bei „Christoph 62“ freie Kapazitäten für Verlegungen von Covid-19-Patient*innen zu schaffen.
Anfang März 2020 investierte die DRF Luftrettung kurzfristig in die Beschaffung von elf speziellen Isoliertragen, sogenannte „EpiShuttles“. Mit ihnen können Patient*innen mit hochinfektiösen Krankheiten wie in einer Isolierstation transportiert werden. Dies schützt Crew und Patient*innen gleichermaßen. Die „EpiShuttles“ wurden bundesweit an elf Stationen verteilt und kamen 2020 insgesamt 57-mal zum Einsatz. „Mit den bisher geleisteten Einsätzen, konnten wir zeigen, dass das ‚EpiShuttle‘ sicher und zuverlässig funktioniert und unsere Einweisungstrainings und die entwickelten Sicherheitskonzepte wirksam sind“, zieht Dr. Jörg Braun, Fachbereichsleiter Medizin, ein erstes Fazit. Mittlerweile sind sogar zwölf „EpiShuttles“ an zwölf Stationen im Einsatz.
Die kurzfristige Anschaffung der Isoliertragen ist auf das proaktive Vorgehen des Hygienemanagements der DRF Luftrettung zurückzuführen: Unabhängig von der Corona-Pandemie hat sich dieses zum Ziel gesetzt, die ohnehin in der Notfallmedizin geltenden hohen Hygienestandards über die gesetzlichen Richtlinien hinaus zu optimieren. Vor diesem Hintergrund wurde bereits im Herbst 2019 in Kooperation mit dem Deutschen Beratungszentrum für Hygiene in Freiburg ein erster wissenschaftlich begleiteter Feldversuch gestartet, in dem es um das Gefährdungspotential der Hubschrauberbesatzungen bei Tröpfchenfreisetzung durch infektiöse Patient*innen geht, da das Thema von möglichen Infektionen durch Tröpfchenfreisetzung auch für andere hochansteckende Virusinfektionen von Bedeutung ist. Unter diesem Aspekt hat die DRF Luftrettung bereits in den Jahren 2017 und 2018 die Eignung der „EpiShuttles“ für den Transport von Patient*innen mit hochinfektiösen übertragbaren Erkrankungen wie z.B. Masern, Influenza, Tuberkulose oder auch Meningokokken ausgiebig getestet und entsprechende Verfahrensabläufe etabliert.
Für eine optimale Handhabung und Sicherheit wurde zudem durch den EASA Part 21-Entwicklungsbetrieb der DRF Luftrettung eine spezielle Bodenplatte entwickelt, die für eine optimale Befestigung sorgt. „Jedes Menschenleben ist einzigartig und unersetzlich – wenn wir mit unserer Anschaffung daher auch nur in einem Fall dazu beitragen konnten, dass ein Leben gerettet oder die Genesung verbessert werden konnte, hat sich die Investition gelohnt“, resümiert Dr. Jörg Braun.
Im Sinne der europäischen Solidarität übernahmen die rot-weißen Luftretter*innen im Frühjahr 2020, als das französische Gesundheitssystem an seine Grenzen geriet, den Transport französischer Intensivpatient*innen nach Deutschland und zurück. Das hat gezeigt, dass Zusammenhalt und Solidarität nicht an den Landesgrenzen haltmacht. Für dieses Engagement erhielt die DRF Luftrettung gemeinsam mit der Luxembourg Air Rescue den Adenauer-de Gaulle-Preis 2020. „Diese Auszeichnung macht uns als Organisation unglaublich stolz und bestätigt uns auf unserem Weg“, freut sich Dr. Krystian Pracz, Vorstandsvorsitzender der DRF Luftrettung, über den Preis. „Die DRF Luftrettung ist eine der ältesten und erfahrensten Luftrettungsorganisationen Europas. Als solche sehe ich uns ganz klar in der Pflicht, gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und zu helfen, wo dies nötig ist.“
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