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Schwerpunkte und Überzeugungen

– die Leiterin des DRF e.V. und langjährige Fördermitglieder im Interview

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Für ein Treffen mit Familie Böhler machte sich Theresia Kneschke auf den Weg nach Böblingen. Dort führten die „Ur-Fördermitglieder“ des DRF e.V. über viele Jahre ein Hotel, dort sind sie zu Hause. Im Wintergarten der Böhlers haben die drei einige Fragen beantwortet.

Frau Kneschke, Zeiten und Herausforderungen ändern sich, gerade in den letzten Jahren. Hat sich der DRF e.V. im Jahr 2022 ebenfalls verändert? Neu ausgerichtet? 

Theresia Kneschke: Unser Verein möchte die DRF Luftrettung dabei unterstützen, dass kein Mensch sterben muss, weil er im medizinischen Notfall nicht best- und schnellstmöglich versorgt wird. Dafür gehen wir mit der Zeit, haben uns in vielem modernisiert, zum Beispiel, wie wir Spenderinnen und Spender ansprechen. Wir beschreiten zudem neue Wege im Bereich der Medien. 

Inwiefern ist das mediale Verhalten des DRF e.V. anders geworden?

Theresia Kneschke: Beispielsweise haben wir im Jahr 2022 zum ersten Mal einen Jahresbericht in digitaler Form veröffentlicht, auch der aktuelle Jahresbericht wird in seiner Langfassung ausschließlich online zu finden sein. Hinzu kommt, dass wir versuchen, unsere Gemeinschaft noch stärker zu machen, indem wir zusätzliche Möglichkeiten in der Kommunikation nutzen, um bekannter zu werden. Um neue Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen, informieren wir zunehmend in den sozialen Medien. Und wir haben 2022 zum ersten Mal in der Geschichte des DRF e.V. einen TV-Spot vorbereitet, der im laufenden Jahr erstmals ausgestrahlt wurde.

Ist der Bekanntheitsgrad so wichtig, Frau Kneschke?

Theresia Kneschke: Wenn es darum geht, das Bestmögliche für die Patientinnen und Patienten zu erreichen: ja! Menschen engagieren sich nur dann für die Luftrettung, wenn sie deren lebensrettende Rolle kennen, wenn sie sicher sein können, dass ihre Mittel sinnvoll eingesetzt werden. Erfreulicherweise befinden wir uns mit dem DRF e.V. auf dem richtigen Weg und können darauf vertrauen, dass wir auch in Zukunft auf breite Unterstützung zählen können. Ein wichtiger Indikator dafür ist, dass der sogenannte gestützte Bekanntheitsgrad der DRF Luftrettung laut Spendenmonitor des Deutschen Fundraising Verbandes von 2021 auf 2022 um 10 Prozent auf 30,5 Prozent gestiegen ist.  


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Frau Böhler und Herr Böhler, Sie sind seit 50 Jahren mit an Bord. Und damit zu einer Zeit Mitglied geworden, als Luftrettung überhaupt noch nicht bekannt war. Wie sind Sie damals auf die Luftrettung aufmerksam geworden?

Wolfgang Böhler: Wir haben 38 Jahre lang zusammen ein Hotel geleitet. An einem Tag hatten die Gründer der Organisation in unserem Hotel einen Nebenraum gemietet, um sich über ihr Vorgehen zu beraten.

Karin Böhler: Ich war an diesem Tag im Service, habe so natürlich mitbekommen, worum es bei dem Treffen ging. Die Geschichte des Ehepaares Steiger, der tragische Unfalltod ihres Sohnes und ihr daraus entwachsenes Engagement haben mich tief berührt. Und ich habe im Anschluss genauer nachgefragt. Mein Mann und ich waren sofort von ihrer Idee überzeugt, wir wollten sie unterstützen. Deshalb sind wir dann auch direkt Mitglied geworden.

Was genau hat Sie überzeugt? 

Karin Böhler: Uns war natürlich bewusst, dass wir selbst – und auch unser damals neugeborener Sohn – irgendwann einmal diese Hilfe benötigen könnten. Zum Glück war das nie der Fall. Aber es war nicht der Auslöser dafür, dass wir die Sache unterstützt haben – und vorhaben, sie weiter zu unterstützen, solange wir leben. Wir hatten und haben das Gefühl, das Richtige zu tun, weil wir so anderen helfen können. Und wir fanden damals schon die Art und Weise gut, wie die Gründungsmitglieder vorgegangen sind. Das war sehr zielgerichtet. 

Wolfgang Böhler: Und irgendwie waren sie auch schwäbisch (schmunzelt). Sie haben versucht, so viel wie möglich mit den verfügbaren Mitteln zu erreichen. Ich hatte den Eindruck, dass sie zusammen wirklich ihr Bestes geben. So wie wir das auch in unserem Hotel gemacht haben.

Karin Böhler: Ich komme ursprünglich nicht aus Schwaben (lächelt ihren Mann an), und ich fand es beeindruckend, wie sie an ihrem Ziel drangeblieben und weitergegangen sind.

Wolfgang Böhler: Ja, allein schon damals die Helikopter einzusetzen – zu der Zeit hatten viele Krankenwagen ja noch nicht einmal richtigen Funk. 

Sind Sie beide eher zukunftsgerichtete Menschen, die Veränderungen gutheißen?

Wolfgang Böhler: Ja, in jedem Fall. Ich finde, wenn man etwas tut, dann sollte man es richtig tun. Und alle Möglichkeiten ausschöpfen. So haben wir es auch selbst mit unserer Arbeit gehalten. Wir waren zum Beispiel das erste Hotel in Böblingen mit Satellitenschüssel, unsere Gäste aus den USA, Frankreich und anderen Ländern konnten immer auch in ihrer Landessprache fernsehen.

Karin Böhler: Wir waren auch das erste Hotel hier mit Klimaanlage. Und ich finde, wenn Neuerungen Menschen sogar dabei helfen können, ihr Leben zu behalten, dann sollten sie natürlich immer sofort eingesetzt werden. 

Theresia Kneschke: Und wie stehen Sie zu Werbespots für die Luftrettung? 

Wolfgang Böhler: Wenn sie den Bekanntheitsgrad erhöhen, ergeben sie Sinn. Wir haben unser Hotel damals auch beworben und herausgestellt, was es so besonders macht. 

Haben Sie sich über all die Jahre immer darüber informiert, wie sich die DRF Luftrettung entwickelt hat? 

Karin Böhler: Früher nicht, dafür hatten wir einfach keine Zeit.

Wolfgang Böhler: Das stimmt. Während der vielen Jahre, in denen wir das Hotel hatten, haben wir sechseinhalb Tage in der Woche gearbeitet. Ich bin jeden Morgen um sechs Uhr raus, da blieb nicht viel Raum für etwas anderes. Aber wir haben uns immer sehr gefreut, wenn wir gehört oder gelesen haben, dass jemand gerettet werden konnte.

Karin Böhler: Ja, es hat uns ein gutes Gefühl gegeben, dass wir etwas dazu beigetragen haben. Wir haben uns auch gerne die Zeit genommen, um zur Jubiläumsveranstaltung zu gehen.


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Welchen Eindruck hatten Sie dort von den Luftrettern – über 50 Jahre nach Ihrem ersten Kontakt?

Wolfgang Böhler: Es war wirklich beeindruckend zu sehen, was die DRF Luftrettung heute alles für ihre Patientinnen und Patienten einsetzen kann. Ich durfte mich in einen dieser ganz modernen Hubschrauber setzen, mir wurden viele Sachen genau erklärt. Und ich habe mir auch erklären lassen, was in einem Learjet an Geräten drin ist. Für uns ist es schon gut zu wissen, dass wir notfalls aus dem Ausland zurückgeholt werden können. 

Karin Böhler: Ja, gerade, seitdem wir in Rente sind, denn seither reisen wir gerne und viel. Einmal musste mein Mann schon in Asien ins Krankenhaus und wir waren sehr froh, dass wir uns mit Englisch so gut verständigen konnten. 

Theresia Kneschke: Es ist beruhigend zu wissen, dass wir die Möglichkeit haben, Sie im Fall der Fälle nach Hause zu holen. 

Frau Kneschke, wie ist es für Sie, wenn Sie auf Menschen treffen, die sich schon viel länger als Sie selbst für den DRF e.V. engagieren?

Theresia Kneschke: Es ist mir eine Ehre, wenn ich Menschen kennenlerne, die unsere Organisation unterstützen, erst recht, wenn sie es schon so lange tun – ein solches jahrzehntelanges Engagement ist doch ungewöhnlich, es zeigt eine enge Verbundenheit zu dem Ziel, Menschenleben zu retten. Ich durfte schon so unterschiedliche und berührende Geschichten hören. Ein Mann übernahm beispielsweise die Mitgliedschaft seines Vaters, als dieser starb, um sein Andenken zu ehren – und sein Vater war Mitglied geworden, nachdem er nahe Leonberg einen Rettungshubschraubereinsatz beobachtet hatte. Ein anderes Mitglied hatte ursprünglich die Fördermitgliedschaft von seinem Arbeitgeber geschenkt bekommen und sie irgendwann selbst übernommen – der Arbeitgeber kannte die Gründer, so wie auch Frau und Herr Böhler sie kennengelernt haben. 

Karin Böhler: Wir haben uns übrigens sehr gefreut, dass wir Gründungsmitglieder bei der Jubiläumsveranstaltung wiedergetroffen haben. 

Haben Sie sich denn direkt erkannt? 

Wolfgang Böhler: Ja, wir haben sie direkt erkannt – und es war berührend zu merken, dass sich die Gründungsmitglieder sofort auch an uns erinnert haben.

Hat das Ihr Gefühl bestärkt, dass die Luftretter eine echte Gemeinschaft bilden? 

Wolfgang Böhler: In jedem Fall. Wir haben ja alle dieses Ziel, anderen Menschen zu helfen. Es ist so wichtig, an einem Strang zu ziehen. Das wissen wir aus unserer Ehe – immerhin sind wir nun schon seit 57 Jahren zusammen, privat und geschäftlich, und wir konnten uns immer aufeinander verlassen.

Vieles, was Sie gesagt haben, verdeutlicht, wie ausschlaggebend der persönliche Kontakt zu den Luftrettern ist, um motiviert zu sein, sich für die Sache zu engagieren. Trotzdem setzen Sie im Verein verstärkt auf digitale Medien, Frau Kneschke? 

Theresia Kneschke: Das Digitale soll unsere Gesamtkommunikation sinnvoll ergänzen, genauso wie der Fernsehspot. Menschen müssen ja erst einmal erfahren, wofür wir Luftretter stehen. Denn es gibt immer noch sehr viele Menschen, die nicht wissen, dass rund ein Fünftel der Kosten für einen Einsatz aus privaten Händen getragen wird, oder die sich noch nie Gedanken darüber gemacht haben, wie wichtig eine optimale Rund-um-die Uhr- Notfallversorgung der gesamten Bevölkerung ist. Aber es soll den persönlichen Kontakt in keinem Fall ersetzen. 

Wie kommt denn der persönliche Kontakt zustande? 

Theresia Kneschke: Etliche Menschen werden Mitglied bei uns, nachdem sie selbst oder jemand aus ihrem Umfeld aus einer scheinbar hoffnungslosen Situation gerettet wurden. Aber wir möchten Menschen natürlich lieber anders erreichen. Zum Beispiel informieren wir wieder Passanten in Fußgängerzonen, an Supermärkten und sogar an Kliniken. Und wir führen gerade im laufenden Jahr verschiedenste Veranstaltungen durch, auf Tagen der offenen Tür können Menschen sich einen sehr guten Einblick in die Arbeit der Luftretter verschaffen. Und natürlich ist es meinem Team und mir wichtig, im persönlichen Austausch zu bleiben. Wir freuen uns über jede Kontaktaufnahme. Ein gemeinsamer Fokus, Kommunikation und Flexibilität machen uns als Gemeinschaft stark. So haben wir schon etliche Herausforderungen zusammen gemeistert. 


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Theresia Kneschke freut sich immer, wenn Anregungen von Fördermitgliedern sie erreichen. Melden Sie sich bei ihr, wenn Sie nach Informationen oder Auskünften über Themen suchen, die den DRF e.V. betreffen. Theresia Kneschke und ihr Team antworten Ihnen gerne.

(Quelle: DRF Luftrettung)