Gebirgsflug oberhalb von 4.000 Fuß: Christoph München für den Einsatz in den bayerischen Alpen gerüstet

Das Einsatzgebiet der Münchner Station der DRF Luftrettung umfasst neben der Stadt auch umliegende Landkreise und auch Teile der bayerischen Alpen. Seit einigen Wochen kann die Crew dabei auch zu Notfällen in höher gelegenen Gebieten des Gebirges alarmiert werden. Dafür wurden die Piloten von Christoph München zusätzlich im Gebirgsflug über 4.000 Fuß (entspricht 1.219,2 Meter) ausgebildet. Wir haben mit Stationsleiter und Pilot Sascha Netzer über diese Ausbildung gesprochen.
Wild zerklüftet, felsig, steil aufragend: Oft hören sich Beschreibungen von Gebirgslandschaften gefährlich an. Ein Hubschrauberflug ist da sicherlich außergewöhnlich, oder?
Sascha Netzer: Richtig! Tatsächlich ist für mich der Gebirgsflug eine ganz eigene Welt. Entfernungen und Höhen sind schwerer einzuschätzen, die Orientierung ist anspruchsvoll und gänzlich verschieden zu flachen Gebieten. Flug und Landung müssen dementsprechend trainiert werden. Jeder Pilot bei der DRF Luftrettung bringt natürlich die gegebenen Mindestanforderungen und somit einen großen Erfahrungsschatz mit. Nichtsdestotrotz setzen sich diese Erfahrungen unterschiedlich zusammen – insbesondere was den Gebirgsflug angeht. Da wir hier in München ein sehr alpines Umfeld haben, war uns die Ausbildung für die höheren Lagen eine Herzensangelegenheit. Mit dem standardisierten Programm sind wir nun bestens gerüstet für den Notfalleinsatz im Gebirge.
Wenn ein Flug bislang in höheren Lagen der Alpen nicht möglich war, bedeutete das für die Menschen im Notfall keine Hilfe?
Nein, zum Glück nicht. Die jeweilige Bergwacht ist selbstverständlich für die Menschen in Not im Einsatz und spielt auch weiterhin die zentrale Rolle. Nicht jeder Einsatzort ist mit dem Hubschrauber erreichbar. Die Kollegen der Bergwacht sind per Fuß oder wenn möglich auch mit einem Gefährt deutlich flexibler. Zum Teil wurden in der Vergangenheit auch benachbarte Luftrettungsorganisationen zur Unterstützung gerufen. Zum Beispiel die ARA Flugrettung oder die ÖAMTC-Flugrettung aus Österreich. Die Erweiterung unseres Einsatzspektrums bietet den Leitstellen jetzt eine zusätzliche Option und verbessert die notfallmedizinische Versorgung der Region.



Welche Besonderheiten müsst ihr als Piloten bei einem Flug und einer Landung im Gebirge beachten?
Da gibt es einige! Wenn wir zum Beispiel das Wetter anschauen, gelten ganz andere Faktoren als über flachem Land. Auch optische Täuschungen oder die veränderte beziehungsweise verminderte Leistung des Hubschraubers gilt es zu beachten. In der Nacht kommt durch den unabdingbaren Einsatz der Nachtsichtbrillen noch eine weitere Herausforderung durch das eingeschränkte Sichtfeld hinzu. Wir sprechen also von einem sehr anspruchsvollen Umfeld, das viel Übung erfordert.
Das hört sich komplex an. Wie genau ist denn das Training dafür aufgebaut?
Durch die verschiedenen Herausforderungen in alpinem Umfeld ist es umso wichtiger, standardisierte Verfahren zu trainieren und zu etablieren. Dafür haben alle Münchner Piloten in den letzten Monaten einen theoretischen und praktischen Ausbildungsteil absolviert. Zunächst gab es eine rund dreistündige Theorieeinheit. Es wurden alle Besonderheiten des Gebirgsflugs sowie die Abläufe aufgefrischt und geschult. Danach gab es eine zweigeteilte Praxiseinheit: 1,5 Stunden Flugtraining am Tag sowie drei Stunden in der Nacht.
Und wie sieht so ein praktisches Flugtraining aus?
Für das Training haben wir Zweierteams gebildet, die gemeinsam ein standardisiertes Programm absolviert haben: Navigieren durch das Gebirge; Landung an einem Hüttenlandeplatz und im geeigneten Gelände; Angestütztes Absetzverfahren mit einer Kufe am Hang, zum Beispiel für den Ausstieg der medizinischen Crew oder die Aufnahme von Kollegen der Bergwacht. So werden Abläufe verinnerlicht und die Sicherheit von Crew und Patienten gewährleistet.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Sascha!
